Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) Reihe 3/3 – Anforderungsdetails
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) setzt die europäische Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act) in deutsches Recht um und verpflichtet Unternehmen dazu, digitale und physische Produkte sowie Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Dieser Leitfaden zeigt, wie Unternehmen sich optimal vorbereiten, welche Anforderungen zu erfüllen sind und wie Compliance sichergestellt werden kann.
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Dringlichkeitsstufen der Barrierefreiheitsanforderungen
Die Anforderungen lassen sich anhand der WCAG-Standards in die folgenden Kategorien unterteilen:
- A (Grundanforderungen): Essenzielle Barrierefreiheitsfunktionen, ohne die eine Nutzung unmöglich oder stark erschwert wäre.
- AA (Erweiterte Anforderungen): Standardstufe, die eine weitgehend barrierefreie Nutzung gewährleistet.
- AAA (Höchststufe der Barrierefreiheit): Empfehlenswert, jedoch nicht zwingend erforderlich.
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Anforderungen nach Dringlichkeitsstufen
A – Grundanforderungen (Pflicht nach BFSG)
- Textalternativen für Nicht-Text-Inhalte
- Bilder, Icons, Diagramme und andere visuelle Inhalte müssen mit Alternativtexten versehen werden.
- Textalternativen sollten den Zweck des Bildes beschreiben und für Screenreader auslesbar sein.
- Tastaturbedienbarkeit
- Alle Funktionen und interaktiven Elemente müssen ohne Maus, nur mit der Tastatur, bedienbar sein.
- Fokus-Indikatoren müssen sichtbar und logisch durch die Seite navigierbar sein.
- Verzicht auf Zeitbeschränkungen oder Alternativen anbieten
- Inhalte dürfen nicht automatisch nach einer festgelegten Zeit verschwinden oder eine Option zur Verlängerung/Deaktivierung der Zeitbegrenzung anbieten.
- Vermeidung von Flackern und Blitzen
- Inhalte dürfen nicht mit mehr als dreimal pro Sekunde flackern, um Anfälle bei Epileptikern zu vermeiden.
- Barrierefreie Dokumente und Formulare
- PDFs und andere Dokumente müssen korrekt strukturiert und per Screenreader nutzbar sein.
- Formulare müssen klar beschriftet und mit assistiven Technologien nutzbar sein.
AA – Erweiterte Anforderungen (Empfohlen und weitgehend verpflichtend nach BFSG)
- Farbkontraste und Lesbarkeit
- Mindestkontrastverhältnis von 4,5:1 für normalen Text und 3:1 für großen Text.
- Keine ausschließliche Nutzung von Farbe zur Vermittlung von Informationen.
- Responsives Design und Anpassungsfähigkeit
- Inhalte dürfen nicht bei Zoom oder Vergrößerung (bis zu 200%) unleserlich oder unbrauchbar werden.
- Untertitel und Audiobeschreibungen für Videos
- Alle Videoinhalte müssen mit Untertiteln und/oder Audiobeschreibungen versehen sein.
- Fehlermeldungen und Hinweise
- Klare und verständliche Hinweise bei falschen oder unvollständigen Formulareingaben.
- Automatische Korrekturvorschläge, wenn möglich.
- Flexibles Layout und einfache Navigation
- Navigation muss einheitlich und intuitiv sein.
- Mehrere Wege zum Auffinden von Inhalten (z. B. Suche, Sitemap) sollten bereitgestellt werden.
AAA – Höchststufe der Barrierefreiheit (Nicht verpflichtend, aber empfohlen)
- Erweiterte Audiobeschreibungen
- Videos und Multimedia-Inhalte sollten detaillierte Audiobeschreibungen enthalten.
- Erweiterte Kontrasteinstellungen
- Kontraste noch stärker als die AA-Anforderungen, insbesondere für Benutzer mit eingeschränktem Sehvermögen.
- Alternative Kommunikationsmethoden
- Bereitstellung von Gebärdensprachvideos oder -chats für wichtige Inhalte und Services.
- Erklärung in Einfacher Sprache
- Bereitstellung von Versionen der Inhalte in Leichter Sprache für Menschen mit kognitiven Einschränkungen.
- Fazit und Handlungsempfehlungen
Unternehmen sollten mindestens die Anforderungen der Stufen A und AA umsetzen, um den gesetzlichen Vorschriften des BFSG zu entsprechen. Die Umsetzung der AAA-Kriterien kann den Nutzerkomfort weiter verbessern und bietet insbesondere für Unternehmen mit einer breiten Zielgruppe erhebliche Vorteile.
Es wird dringend empfohlen:
- Regelmäßige Barrierefreiheits-Tests mit Tools wie WAVE oder Lighthouse durchzuführen.
- Schulungen für Entwickler, Designer und Content-Manager zum Thema Barrierefreiheit anzubieten.
- Nutzer mit Behinderungen in die Testprozesse einzubeziehen, um realistische Rückmeldungen zur Benutzerfreundlichkeit zu erhalten.
Mit einer frühzeitigen und strategischen Planung können Unternehmen nicht nur rechtliche Risiken vermeiden, sondern auch ihre digitale Reichweite erhöhen und ein besseres Nutzungserlebnis für alle Menschen schaffen.
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Übersicht unserer Beitragsserie „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“:
- Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – Grundlagen (13.02.25)
- Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – Audit / Prüfung (20.02.25)
- Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – Anforderungsdetails (27.02.25)